Dienstag, 12. Juni 2012

Modell zur Bestimmung Handlungsrelevanter Information

Teil 1: Context Awareness
Wie schon in den vorangegangenen Artikeln erwähnt wurde, sind es die:"Ansätze zur Bestimmung disziplinübergreifender Handlungrelevanz" die dabei helfen sollen, ICT-Konzepte zu verfeinern und bereits während der Projektphase Systementwicklungen an den Workload und den Workflow der kommenden Benutzergruppen anzupassen und nicht umgekehrt. Viele Systemlösungen sind heute als Enterprise Entwicklungen deklariert worden, befinden sich jedoch immernoch in einer weniger intuitiv erreichbaren Software-Ergonomie im gleichmäßigen Update-Intervall. Diese Artikelserie möchte sich aber nicht ausschließlich an jene Leser richten, die Konzepte zum Aufbau eines Semantic Web Instruments kennenlernen wollen. Daher der freundliche Hinweis an die Leser:

Dies ist keine Dokumentation einer Referenzontologie!

Hier soll allein der informationsoziologische Aspekt geklärt werden, ob der Ansatz aus der ersten Artikelserie ausreicht, um ein Informationsmodell zu konstruieren, dass infrastrukturbasierte Handlungsmsuter auf Grund informationssoziologischer Bedeutung berücksichtigt, um daraus einen disziplinunabhängigen Charakter herauszubilden. Das Modell sollte daher nicht nur allein zur Strukturgewinnung auf Grund vorhandenen Wissens pragmatisch umgesetzt werden, denn mehr zur vorbereitenden Handlungsdeutung fähig sein. Das Modell der benötigten Softwarearchitektur ist hierbei ein zweitrangiger aber wichtiger Aspekt im Laufe der technologischen Entwicklungen (Siehe dazu Teil 2). Vordergründig wird hier die Aggregation explorativen handlungsrelevanten Wissens, zur Gewinnung von Handlungsergebnissen mittels disziplinunabhängiger Dokumentenmodelle  ermöglicht werden können. Dieses handlungsrelevante Wissen, kann in Form strukturbasierter Metadaten, entstanden in Informationskanälen,  zur Abbildung von Handlungserfahrungen kommuniziert und von Nutzer verstanden werden.

Ziel des Modells: Der Benutzer des daraus konzipierten Informationssystems sollte persönliche Erwartungen und vorhandene fachliche Kenntnisse beim Umgang mit dem System bestätigt sehen. Die inhaltliche Bedeutungsstruktur wird von der inhaltlichen Metadatenebene getrennt und dem Nutzer nicht als Empfehlung vorgegeben. Er kann demnach sowohl assoziative als auch explorative Methoden nutzen. Das Modell gibt nur den epistemologischen Charakter bei Forschungsarbeiten als Hilfe vor. Eben dieser disziplinübergreifende Ansatz wird Inhalt dieses ersten Teils der Artikelserie und diskutiert die mögliche Umsetzung als Modell oder sogar zur Integration in ein Informationssystem. (TransMeta)

Das Modell
Der Aufbau des Modells sieht vor, zu Beginn die drei wichtigsten generischen Kompnenten zu positionieren:
  1. Knoten: Eingang in den Informationskanal, Hypothese, Beweis, Messdaten, Untersuchungs-Kontext (Forschungsmuster)
  2. Informationskanal; zeichnet Handlungs-Metadaten im Kontext der thematischen Forschungsmsuter auf
  3. Kanalausgang; Auswertung des Informationsflusses, Gegenüberstellung: Handlungs-Metadaten - Forschungsmuster
Die Modellkomponente des "Pfades" oder des "Kanals" zwischen den "Erkenntnisknoten" soll strukturierte, maschinenlesbare Forschungsmetadaten  absichern. Die Knoten beinhalten handlungsrelevantes Wissen, dass durch Kontextinformation über den Informationskanal dem Sender die Gewissheit vermittelt, welcher Typ von Information am Ende des Pfades bzw. des Kanals für ihn zur erwarten ist. Gegenüber der "bottom-up" Methode, beim Aufbau von Ontologiekonzepten, sollte im Laufe der Anreicherung von strukturbasierten Metadaten entlang des Informationskanals ("top-down") die Komposition an generisch wachsenden Metadaten ermöglicht werden.

Architektur des Handlungswissens
Obliegt es nun dem System, Entscheidung zu den Handlungsprozessen zu treffen, so liegt die Entscheidung über den Umgang mit dem Handlungswissen beim Hersteller der Technologie bei Abschluss des Architekturdesigns. Das kann leicht dazu tendieren, dass bei neuartigen und vorher unbekannten wissenschaftlichen Arbeitsprozessen die bevorstehenden explorativen Handlungen am Anwendungssystems angepasst werden müssen. Auf Grund einer zunehmenden Ungewissheit gegenüber dem Ergebnis am Kanalausgang, werden postkombinierte Mechanismen mit kontrollierten Vokabular notwendig. Die technische Ungewissheit als informationsoziologischer Effekt steigt an, denn beim Entdecken z.B. bei Experimenten oder bei Expeditionen ist nicht klar, welche Handlung durch unveränderbare Erschließungsinstrumente vermindert wird. Die hierbei relativ hohe systemisch vorkonstruierte Ungewissheit kann beim Umgang mit Datenverwaltungssystemen erhöhte terminologische Ambiguität zur Folge haben und fortwährend kontraproduktive Auswirkungen auf den Erkenntnisgewinn neu geschaffener Handlungsstrategien in der Wissenschaftspraxis haben.

Ansatz
Eine Umkehrung der Mächtigkeit des Systems, i. S. einer Kanalisierung von zweckbezogenen Handlungsmustern könnte die "klassische Art" einer systemabhängigen inhaltlichen Erschließung nachhaltig ersetzen. Klar ist, dass jeder Nutzer bestimmte Erfahrung und Erwartung vor der Eingabe von Informationen in ein System mitbringt. Unmittelbar vor der Interaktion mit dem System entsteht somit beim Nutzer ein handlungsrelevanter Kontext, der bereits hier einen bestimmten Grad an strategischer Ungewissheit gegenüber dem vom System generalisierten Handlungsmusters erkennen läßt. Um diese informationssoziologische Differenz zu modellieren, muss diese vorliegende strategische Ungewissheit vom Rest des Modells betrachtet werden.

Der integrative Ansatz dieses Modells ist daher bestrebt dass auf die Verarbeitung der Information reduzierte System mittels kanalbasierter Kontextinformationen über Stand und Fortschritt der Informationssignifikanz während der automatischen Indexierung in Kenntnis zu setzen. Die kontextuelle Abbildung der handlungsrelevanten Vorgänge des Wissenschaftlers zur Erarbeitung einer bestimmten Problemstellung finden demnach außerhalb der Informationsverarbeitung statt. In der Bioinformatik gibt es bereits Bestrebungen dieser Art, in denen mit der einheitlichen Interaktion zwischen den externen Taxonomien relevante Metadaten ad hoc ins System geladen werden.1 Die digitale Nachbildung einer wissenschaftlichen Kausalitätskette wäre damit in Ansätzen möglich. Wir könnten demnach einen "kumulativen Pfadstatus" mit Attributen der Vermutung (Metadaten) und dem Instrument der Beweisführung (Kanalausgang) logisch abbilden und das redaktionelle "Verstehen" (Knoten - Kanal Kontext) in dieser Disziplin kombinieren.

Ein kleines Beispiel aus den Geisteswissensschaften soll das Problem des "Verstehens" verdeutlichen.
Im Rahmen der digital Humanities2 erklärt Hanno Birken-Bertsch dazu die Bedeutung des "Verstehens" und spricht hierbei von drei Aspekten der Veränderung der Geisteswissenschaften (oder des Bildes über sie) durch digitale Datenverarbeitung:
  1. Verbreitung allg. zugänglicher Techniken (z.B. google, -search, -books) Auswirkungen auf die Geisteswissenschaften (GW) als Effekt ähnlich dem der Globalisierung
  2. Tradition dig. Hilfswissenschaften könnten sich, mit ihrem Akzent auf dem "Generellen",  als Trendsetzer erweisen
  3. spekulativ, unvollständig eine mögliche neue Sicht auf das "Verstehen"3, die neu gedeutet werden kann, wenn wir postkoordinierte, statistische Verfahren haben, die das "Verstehen" simulieren können.
Interessant für die Modellierung disziplinübergreifender Handlungsrelevanz ist der dritte Aspekt, der die Anwendung von natur- und sozialwissenschaftlicher Methoden auf Fragen der Geisteswissenschaften beschreibt:
Die Digitalisierung - sei es die allgemeine, sei es die spezielle - beschert den Geisteswissenschaften Daten. Daten kann man quantifizieren. Man kann an ihnen Hypothesen testen. Man kann mit ihnen Dinge machen, die Geisteswissenschaftler nicht gelernt haben. (Birken-Bertsch, 2010) 
Die Aussage deutet hierbei auch auf die Unterscheidung zwischen generisch wachsenden und neuen Problemen bei der Modellierung von Forschungsinformationssystemen hin. Das Modell zur Erschließung von handlungsrelevanten Metadaten sollte demnach so flexibel sein, dass der Gebrauch von Elementen eine wahrheitsgemäße Aussage und die Ableitung darüber treffen kann, welche Erwartung und Erfahrung ein Nutzer im Moment der Interaktion mitbringt, bevor er/sie sich für seinen bestimmten Arbeitsprozess entschieden hatte. Die Handlung, die für die wissenschaftliche Arbeit relevant ist, bestimmt seine Vorgehensweise, somit die Auswahl seiner assoziierbaren Methoden, auch wenn das Ergebnis noch ungewiß sein sollte. Die Verknüpfung von handlungsrelevanten Kanälen hat zur Folge, dass sich dann Forschungshandlungen explorativ untersuchen lassen, während entsprechende Metadaten sogar im disziplinunabhängigen Konzept entstehen könnten.

Deterministisch vs. Explorativ

Die Entwicklung der Digitalisierung von analogen Informationen war bisher einem stetigen Wandel der deterministischen Erschließungsmethodik unterworfen und wurde unabhängig vom informationssoziologischen Blickpunkt aus betrachtet. Der "Cognitive Viewpoint" kommt auch hier zum tragen. Die transitiven Metadaten und Nutzerinformation unterstützen die dynamische Zuteilung auf der Ebene der Metadaten und der Fachinformation. Das oben untersuchte Modell kann jedoch mehr, als nur Metadaten aus einem dafür vorgesehenen Kontingent anfordern und dem Nutzer kontextbasiert präsentieren. Mehr dazu in Teil 2 der Artikelserie.


    Quellen:
    1. Reddy, Padmalatha S., Stuart Murray and Wei Liu. "Knowledge-Driven, Data-Assisted Integrative Pathway Analytics." In Handbook of Research on Computational and Systems Biology: Interdisciplinary Applications (1 vol), ed. Limin Angela Liu, Dongqing Wei, Yixue Li and Huimin Lei, 225-247 (2011), accessed January 17, 2012. doi:10.4018/978-1-60960-491-2.ch010
    2. Hanno Birken-Bertsch: "Die Digitalisierung des Verstehens." Drei Aspekte digitaler Wissenschaft und die Geisteswissenschaften, Beitrag zu den Digital Humanities, digitale Wissenschaft 2010, Tagung vom 20. /21. September Köln 2010. http://digitalewissenschaft.de. veröffentlich auf  http://www.scivee.tv/node/25004, DOI: 10.4016/25004.01
    3. Das Verstehen wir hier i. S. von geisteswissenschaftlicher Ur-Handlung verwendet. 
    4. Niels-Oliver Walkowski: "Semantic Web Technologie im Kontext geisteswissenschaftlicher und explorativer Forschungsprozesse.", Beitrag zu den Digital Humanities, digitale Wissenschaft 2010, Tagung vom 20. /21. September Köln 2010. http://digitalewissenschaft.de. veröffentlich auf  http://www.scivee.tv/node/25089, DOI: 10.4016/25089.0
    5. Belkin, N. J. (1990): The cognitive viewpoint in information science. In: Jounal of Information Science 16 (11). Online verfügbar unter: http://jis.sagepub.com/content/16/1/11.full.pdf. DOI: 10.1177/016555159001600104.


    Sonntag, 20. November 2011

    Ansätze zur Bestimmung disziplinübergreifender Handlungrelevanz

    Teil 2: Informationssoziologische Perspektive

    Frühe Ansätze von Kunze/Rittel verorten Informationswissenschaft prinzipiell in den Sozialwissenschaften. Diese Zuordnung wird durch die gegensätzliche Bestimmung zwischen technischen bzw. naturwissenschaftlich orientierten und psychologischen bzw. sozialen Bezügen verdeutlicht. Im Rahmen der Diskussion um den Informationsbegriff ermittelt J. Krause in "Ethik und Sozialwissenschaften 1998, Heft 2 und 2001, Heft 1" eine bis heute anhaltende deutliche technologieorientierte Reduktion, die sich in der Informatik angesiedelt hat. Humane und soziale Faktoren werden hierbei von Krause beim Einsatz von Informationssystemen als unerlässlich erklärt. Vielmehr ist aus seiner Perspektive gerade jene technische Reduktionen die Ursache für eine erfolglose Integration von nachhaltigen Informationssystemen.

    Die durch Krause erwähnten Äußerungen von Wersig lassen die Vermutung zu, dass eine Definition des Begriffs der Ungewissheit auch im sozialwissenschaftlichen Kontext lange Zeit keine Beachtung fand. Wersig bezeichnete erstaunlicherweise die uns bereits von Kuhlen bekannte Ungewissheit als Indikator, der als verhaltenssteuernder Faktor angesprochen werden kann. Weiter hält er die Definitionen zum Informationsbegriff, allein wenn sie auf dem Wissensbegriff basiert, als verfehlt. Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des Benutzers wird sich "in der Regel an seinen internalisierten Werten, Normen, Einstellungen u.ä. orientieren. Eine gesellschaftliche Fragestellung wird zwar zum "kleinsten behandelbaren Nenner der Informationswissenschaft" erklärt, jedoch folgen daraufhin weitere sozialwissenschaftliche Aspekte.

    Diese werden von Krause als letzte Einbindung gedeutet, da sie über die Einbeziehung der menschlichen Entscheidungsfaktoren im Cognitive Viewpoint (Teil 3) hinausgeht. Allein die Betrachtung der Folgen durch Vermittlungsinstanzen (Bibliotheken, FIZe, Verlage u.a.) und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, sind ein Beweis des gesamtheitlichen Anteils der Soziologie an informationswissenschaftlichen Ansätzen. Aus diesem Grund und aus aktuellen Entwicklungen des vernetzten Erarbeitens von Wissensfeldern oder kollaborativer elektronischer Instrumente zur Problemlösung wird ersichtlich, dass der sozialwissenschaftliche Kontext unverzichtbar wird.

    Krause vertritt zudem, mittels der Äußerungen von Wersig, den Ansatz, dass diese soziologisch orientierte Kerndefinition, untrennbar von technologischen und psychologischen Fakten in den Fokus der Informationswissenschaften gestellt werde sollte. Wersig definiert die Informationssoziologie als Diffusionsfeld für sämtliche Wissenschaften, die im gemeinsamen Kontext informationeller Systeme die Sichtweise der Information als Wissen in Aktion für sich erkennen lässt. Hierbei definiert er sogenannte Diffusionsfelder als Fächer, die sich mit Informationsprozessen oder -systemen befassen, die sich jedoch nicht nur im Kontext eigener Fragestellungen wiederfinden. Hier empfiehlt er eine informationswissenschaftliche Aufgabenstellung, wobei es idealtypischer Weise die Soziologie wäre, aus der die informationswissenschaftliche Kerndefinition übernommen werden müsse. Dies ermögliche einen einheitlichen Blickwinkel auf alle Komponenten von Informationssystemen inklusive ihrer gesellschaftlichen Folgewirkungen. Die Modelle für z.B. die Benutzerforschung wären dann sowohl durch die Soziologie als auch durch die Informationswissenschaft leichter ableitbar.


    Ein Ansatz zur Bestimmung einer disziplinübergreifenden, metakommunikativen Ebene könnte sich demnach als Modell mit Diffusionsfeldern aufbauen, die aus diversen Fächern bestehen, in den ihrerseits einzelne Informationsprozesse oder -systeme untereinander verknüpft sind.

    Im nächsten Teil dieser Reihe werde ich den sogenannten "Cognitive Viewpoint" von Ingwersen näher untersuchen.

    Quellen:
    • Kunz, W.; Rittel, H. (1972): Die Informationswissenschaften. Ihre Ansätze, Probleme, Methoden und ihr Ausbau in der Bundesrepublik Deutschland München/Wien
    • Wersig, Gernot (1973): Informationssoziologie - Hinweise zu einem informationswissenschaftlichen Teilbereich, Frankfurt/Main: Athenäum Fischer
    • Rauch, Wolf (2003): Neue Informations-Horizonte? In: Hennings, Ralf-Dirk; Grudowski, Stefan; Ratzek, Wolfgang (Hrsg.): (Über-)Leben in der Informationsgesellschaft - Zwischen Informationsüberflut und Wissensarmut. Festschrift für Prof. Dr. Gernot Wersig zum 60. Geburtstag. S. 7-14

    Mittwoch, 16. November 2011

    Ansätze zur Bestimmung disziplinübergreifender Handlungrelevanz

    Teil 1: disziplinübergreifende Metakommunikation

    Das Problem der terminologischen Bestimmung von Wissen als disziplinübergreifende Notation ist spätestens seit Aufkommen der Diskussion um die Begriffsbestimmung von Information (vgl. R. Kuhlen, 2004) oft diskutiert aber ohne Aussage über einen generischen Ansatz geschlossen worden. Vielmehr sind es die IT unabhängigen Veröffentlichungen einiger Informationswissenschaftler, die mittels disziplinspezifischer Langzeitstudien von metakommunikativen Vorgängen einen semiotischen Ausgangspunkt ableiten und ergründen konnten.  Die hierbei induktiv ermittelten Begriffsklärungen befinden sich jedoch oft im Dilemma der Ambiguität einer genaueren Zuordnung unabhängig von der modernen Trinität: Daten - Information - Wissen.

    Somit kann allein der Vorgang oder Prozess betrachtet werden, der auf dem Modell von Kuhlen basiert -das Ergebnis der Reduktion der Ungewissheit von Erwartung und Vorwissen eine repräsentative Menge ergibt, die eine kognitive Handlungsrelevanz und geglückte Kommunikation (Shannon/Weaver) eines Nutzers darstellt. Der sogenannte "pragmatische Primat", (J. Krause, 2004) der viele Jahre als Leitprinzip der Forschung galt, ist damit scheinbar untrennbar an eine Anwendungssituation gekettet. Kuhlen meint dazu zwar "Wissen ist Information in Aktion", weist aber eben auch darauf hin, dass die Informationswissenschaft eine Reflexion des sozialen Raumes darstellt und die von ihm bemühte Definition der Information eben nicht nur computertechnische, sondern bereits vor und nach der Anwendungssituation ein soziales Phänomen sei. (ebd.)

    Einer der Gründe für eine anwendungsorientierte Sicht von Informationen mag u.a. den Veröffentlichungen von Kunze und Rittel 1972 Rechnung tragen. Sie kamen zum Schluss, dass Informationswissenschaft, als Generierung von Erkenntnissen nur Mittel zum wissenschaftlichen Zweck im "herkömmlichen" Sinne sei. Planung, Entwurf und der Betrieb von entsprechenden Informationssystemen seien jedoch für sie ein Spezialfall.

    Eine Begriffsdefinition auf einer disziplinübergreifenden und metakommunikativen Ebene scheint sich somit als eine relativ schwierige Aufgabe darzustellen.

    Im nächsten Teil dieser Reihe untersuche ich den Frühen Ansatz aus informationssoziologischer Perspektive von Wersig.

    Quellen:
    • Krause, J; Information in den Sozialwissenschaften, Kap. E8 / Kuhlen, R., Information, Kap. A1, In: Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation. ; Seeger, T.; Strauch, D.(Hg.) (2004), Band 1: Handbuch zur Einführung in die Informationswissenschaft und –praxis. Begründet von Klaus Laisiepen, Ernst Lutterbeck und Karl-Heinrich Meyer-Uhlenried. 5. völlig neu gefasst Ausgabe. 2 Bände. München: K. G. Sauer.
    • Shannon, Claude; Weaver, Warren (1949): The Matematical Theory of Communication Urbana: University of Illinois Press.

    Montag, 14. November 2011

    Einschätzung disziplinübergreifender, digitaler Infrastrukturen

    Die Bestimmung von Qualitätsstandards bei der Erschließung von digitalen Akten und anderen Dokumenten zwischen öffentlichen Einrichtungen ist abhängig vom angewendeten Metadatenkonzept. Dabei stehen sich nicht selten in verschiedenen informationalen Domänen, Abhängigkeiten und Methoden gegenüber. Aus der Perspektive eines externen Beobachters entsteht daraus ein scheinbar unbestimmbarer Raum mit multidimensionalen Relationen und Widersprüchen.
    Die sorgfältige Betrachtung dieses Raumes eröffnet jedoch das Kondensat einer oder mehrerer prozeduraler Abfolgen vorhandener und zukünftiger Arbeitsabläufe. A. Treloar und C. Harboe-Ree veröffentlichten dazu bereits 2003 eine Handlungempfehlung aus der Perspektive wissenschaftlicher Einrichtungen und deren Output und sprachen vom "Curation Continuum". (Treloar et al.)

    Ein Modell nach diesem prozeduralen Ansatz könnte die Abbildung eines digitalen Lebenszyklus sein. Gerade bei Projektbeteiligungen im öffentlichen Dienst sind historisch gewachsene Datenstrukturen wenig bis garnicht mit entsprechenden Metadaten beschrieben. Das führt früher oder später zu Datenverlusst und zu finanziell aufwändig gestalteten Migrationen. Um dies zu verhindern, ist es erforderlich, das Bewusstsein der Projektmitglieder auf alltägliche Arbeitsabläufe zu schärfen,

    dabei helfen könnten u.a. Fragen:

    • welche Einrichtung,
    • mit welchen Instrumenten,
    • welche Daten aggregiert und
    • wie bzw. mit welchen Metadaten weiterbewegt
    werden. Die Harmonisierung von europäischen Richtlinien und Strategien sind heute Ziele deutscher und britischer Verwaltungen bzw. Archive sowie Thema wisenschaftlicher Arbeiten an informationswissenschaftlichen Fachbereichen. (vgl. S. Stumpe, 2007) Die ehemalige Schriftgutverwaltung wird gegenwärtig im Terminus des Recordsmanagement etabliert. Dabei stellt sich weitergehend die Frage, ob das simple Abbilden von Verfahrensvorgängen auf elektronische Systeme als Integration ausreicht?

    Einen interessanten Ansatz bietet in diesem Kontext das Paper "Integrating a digital repository system" von Martin Borchert und Joanna Richardson. Im Fokus stehen hierbei Client-basierte Systeme regionaler Büros (Stw. Digitale Kollektion), Suchsysteme und Einrichtungen zur Vereinfachung des Zugangs und Methoden zur Workflow Administration.

    Quellen: